Die sechs großen Belastungsquellen für Quer-und Seiteneinsteiger/innen - und wie Sie damit umgehen können

Marc Böhmann, Diplompädagoge, Lehrer und Buchautor aus Baden-Württemberg

Die Lehrerforschung zeigt, dass Quer- und Seiteneinsteiger/innen beim Berufseinstieg ähnliche Schwierigkeiten haben wie junge Kolleg/innen, die eine traditionelle Lehrerausbildung durchlaufen haben. Viele Quer- und Seiteneinsteiger/innen benennen zudem immer wieder ähnliche Belastungsquellen. Die sechs wichtigsten möchte ich im Folgenden darstellen und gleichzeitig mögliche Entlastungsquellen und Tipps benennen, wie Sie als Quereinsteiger/in/Seiteneinsteiger/in damit umgehen können.

1. Belastungsquelle: Unterrichtsplanung und Korrekturen

Das hohe Unterrichtsdeputat und die notwendige Einarbeitung in Bildungspläne, Lehrbücher oder Fächer führt bei Quer- und Seiteneinsteiger/innen in den ersten Wochen und Monaten oft zu großen Belastungen.
Was tun?

2. Belastungsquelle: Der Handlungsdruck im Unterricht

Unterrichten bedeutet permanente Anspannung und hoher Entscheidungsdruck für Lehrer/innen. Eine klare und verlässliche Unterrichtsgestaltung hilft.
Was tun?

3. Belastungsquelle: Schwierige Schüler/innen

Schüler/innen, die den Unterricht immer wieder stören, können Ihnen jede Unterrichtsplanung über den Haufen werfen. Und häufig schaukelt sich störendes Schülerverhalten und bestrafendes Lehrerverhalten gegenseitig auf.
Wie kann man den Teufelskreis durchbrechen?

4. Belastungsquelle: Einzelkämpfende Kolleg/innen

Sie als Quer- oder Seiteneinsteiger/in suchen und benötigen in vielerlei Hinsicht Kooperation und Begleitung durch Ihre Kolleg/innen. Doch nicht alle Ihre Kolleg/innen wollen mit Ihnen kooperieren.
Was kann man machen?

5. Belastungsquelle: Ausbilder/innen und Mentor/innen an Seminar und Schule

Sie sind - sofern Sie ein Referendariat oder eine pädagogische Einführung absolvieren - häufig älter als Ihre Ausbildner/innen oder Mentor/innen. Trotzdem können Sie noch viel von ihnen lernen.
Was tun?

6. Belastungsquelle: Verwaltungswege und Schulrecht

Schule ist ein stark verwalteter Raum. Wer sich schulrechtlich fit macht, hat große Vorteile im Alltag. Und vermeidet Schwierigkeiten.
Wie damit umgehen?

Goldene Tipps für Quer- und Seiteneinsteiger/innen

Zum Abschluss möchte ich Ihnen einige Tipps für Ihren Quereinstieg bzw. Seiteneinstieg an die Hand geben.

  1. Setzen Sie Schwerpunkte in Ihrer Arbeit. Versuchen Sie, nicht alles sofort perfekt zu machen, sondern geben Sie sich in bestimmten Bereichen auch mit ordentlichen 80 Prozent zufrieden. Wer alles perfekt machen will, macht am Ende nichts richtig. Verabschieden Sie sich deshalb auch vom Ideal der Lehrproben-Stunden. Auch das Scheitern ist eine pädagogische Grundkategorie.

  2. Begegnen Sie den Schüler/innen authentisch, respektvoll und mit Interesse an ihrer Lebenswelt. Bemühen Sie sich, Vorbild zu sein und dadurch erzieherisch zu wirken. Seien Sie pünktlich im Unterricht und gewissenhaft bei der Unterrichtsvorbereitung.

  3. Bleiben (bzw. werden) Sie humorvoll. In einer entspannten Lernatmosphäre fällt es den Schüler/innen leichter, gute Lernerfolge zu erzielen. Und es schont Ihr Nervenkostüm.

  4. Bemühen Sie sich darum, Ihren Unterricht methodisch vielfältig und differenziert zu gestalten, sodass alle Schüler/innen gefordert und gefördert werden und mit Gewinn am Unterricht teilnehmen können. Das beugt Unterrichtsstörungen und Disziplinkonflikten vor (aber verhindert sie leider nicht vollständig).

  5. Gewähren Sie sich in Konfliktsituationen oder bei schwierigen Entscheidungen, wo immer dies möglich ist, Handlungsaufschub. Dann können Sie die Situation mit mehr Distanz betrachten, und Sie haben mehr Zeit, um über geeignete Maßnahmen nachzudenken.

  6. Suchen Sie gezielt nach Kooperation und nutzen Sie den großen Erfahrungsschatz in Ihrem Kollegium. Dies kann sehr klein anfangen, zum Beispiel mit informellen Gesprächen, mit dem Austausch von Tipps und Material weitergehen und bei gegenseitigen Hospitationen und Beratungen enden. Beachten Sie die in vielen Kollegien herrschende „Nichteinmischungsnorm” und gehen Sie deshalb mit Ihren Kooperationswünschen und -angeboten dosiert vor. Auch die Lehrerbücherei Ihrer Schule hat in aller Regel viel Material, das Ihnen beim Unterrichten helfen kann.

  7. Holen Sie sich, wenn nötig, Hilfe von außen: Fortbildungen, Fachliteratur oder auch Supervisionsgruppen helfen gezielt weiter.

  8. Engagieren Sie sich in Schulentwicklungsprozessen. Aber am besten nur dann, wenn es Ihnen und Ihrem Unterricht konkret etwas bringt. Alles andere heben Sie sich für die weiteren Dienstjahre auf.

  9. Sagen Sie ab und zu auch einmal „Nein”, wenn Ihr Schulleiter, die Fachsprecherin, der nette Kollege oder der interessierte Schüler mal wieder etwas von Ihnen möchte. Davon geht die Welt und Ihre Schule nicht unter.

  10. Nehmen Sie bewusst eigene Erfolge und Lernprozesse wahr. Freuen Sie sich, wenn eine schwierige Unterrichtsphase schon etwas besser geklappt hat als letzte Woche, wenn Sie ein gutes Gespräch im Kollegenkreis hatten, wenn eine Klassenarbeit gut ausgefallen ist oder Sie effizienter Unterricht planen können. Es gibt keinen Schultag ohne eigenes Lernen.

Weitere Hintergrundinformationen, Tipps, konkrete Hilfen zu den angesprochen Handlungsfeldern sowie zahlreiche Trainingsbausteine gibt es hier:
Marc Böhmann: Das Quereinsteiger-Buch. Weinheim, Basel.